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Empfehlungen des Deutschen Vereins für zur Fortschreibung der Pauschalbeträge in der Vollzeitpflege (§§ 33, 39 SGB VIII) für das Jahr 2020

Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. überprüft regelmäßig die Höhe der Pauschalbeträge in der Vollzeitpflege für die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Kosten für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen und passt diese in seinen Empfehlungen einer eventuellen Steigerung der Lebenshaltungskosten der privaten Haushalte an. Zudem prüft er, ob Änderungen der Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung bzw. der Rentenversicherung erfolgt sind, die zu einer Anpassung seiner Empfehlungen führen.

Monatliche Pauschalbeträge für die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen

Hinsichtlich der Kosten für den Sachaufwand ergeben sich auf der Grundlage der aktuellen Sonderauswertung sowie unter Berücksichtigung einer Erhöhung der Verbraucherpreise um 1,4 % gegenüber dem Vorjahr die aus der Tabelle ersichtlichen Werte:

Alter des Pflegekindes
(von… bis unter… Jahren
Kosten für den
Sachaufwand (€)
Kosten für die Pflege
und Erziehung (€)
0 – 6568248
6 – 12653248
12 – 18718248

Die Empfehlung als download

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OLG Hamm: Verbleib eines Kindes bei seinen Pflegeeltern

Fordert eine leibliche Mutter oder ein leiblicher Vater die Herausnahme eines Kindes aus seiner Pflegefamilie, so können Pflegeeltern sich hiergegen regelmäßig gut und effektiv wehren, indem sie einen Verbleibensantrag stellen. Diese Möglichkeit hat ihnen der Gesetzgeber nach § 1632 IV BGB eingeräumt. Nach dieser Vorschrift können Pflegeeltern beantragen, dass das Pflegekind bei ihnen verbleibt. Dem Verbleibensantrag muss entsprochen werden, wenn im Falle der Herausnahme das Kindeswohl gefährdet wäre. In solchen Verfahren prüft das Familiengericht letztlich zwei Kernargumente. Zum einen wird geprüft, ob der Elternteil überhaupt über die zu fordernde Erziehungsgeeignetheit verfügt, ob dieser also überhaupt (wieder) in der Lage wäre, das Kind selbst zu pflegen und zu erziehen. Aber selbst wenn Kindeseltern sich hier wieder stabilisiert haben, heißt dies keineswegs, dass ein Kind dann aus seiner Pflegefamilie herausgenommen werden kann. Denn ein Kind kann hier nur eine gewisse Zeit auf die Stabilisierung seiner leiblichen Eltern warten. Gerade dann, wenn das Kind sich in der bindungssensitiven Phase befindet, bindet es sich natürlich an seine Pflegeeltern. Ist hier eine zu starke Bindung entstanden, dann kann ein Abbruch dieser Bindung für das Kind einen lebenslangen Schaden bedeuten. In diesem Fall muss das Kind bereits wegen der schädlichen Folgen des Bindungsabbruchs bei seinen Pflegeeltern verbleiben. Dies muss auch dann gelten, wenn die leiblichen Eltern etwa inzwischen wieder in der Lage wären, ein Kind grundsätzlich zu pflegen und zu erziehen.

In einem vom Verfasser bearbeiteten Fall hat das OLG Hamm dies in einer Entscheidung sehr kindzentriert betont. In diesem Fall begehrte die leibliche Mutter die Herausnahme ihres Kindes aus der Pflegefamilie. Sie hatte in der Zwischenzeit ein weiteres Kind auf die Welt gebracht, welches sie (mit Hilfen) selbst großziehen kann. Dennoch hat in zweiter Instanz das OLG Hamm die Entscheidung des Amtsgerichtes gegen die Beschwerde der Kindesmutter bestätigt, dass das Kind in der Pflegefamilie verbleiben muss. Es hat klargestellt, dass der Verbleib völlig unabhängig von der (in diesem Fall allerdings sehr kritisch eingeschätzten) Erziehungsgeeignetheit der Kindesmutter anzuordnen ist, und zwar alleine wegen der Folgen des Bindungsabbruchs. Wörtlich führt das OLG Hamm in der Entscheidung aus:

„Unabhängig davon hat das Kind zu den Pflegeeltern, insbesondere zu der Pflegemutter (…) zwischenzeitlich derartig sichere und tragfähige Bindungen entwickelt, dass eine Herausnahme des Kindes zu einem Bindungsabbruch und zu einer erheblichen Verunsicherung des Kindes führen würde und damit das Kindeswohl in einem nicht vertretbaren Maße gefährdet würde. (…) Eine Herausnahme des Kindes aus dieser Umgebung wäre gleichbedeutend mit einem erneuten tiefen Bruch in seinem Leben, durch den die gesunde Entwicklung des vorbelasteten Kindes zur Disposition gestellt würde. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass bereits durch den vormaligen Wechsel zunächst in den Haushalt der Pflegeeltern, dann zurück in den Haushalt der Kindesmutter und dann zurück in den Haushalt der Pflegeeltern im Jahre 2005 bereits mehrfach Trennungserfahrungen hat machen müssen, so dass von einer erhöhten Vulnerabilität des Kindes auszugehen und die Gefahr eines nicht mehr behebbaren emotionalen Schadens gegeben ist“.

Die Praxis zeigt, dass Pflegeeltern ab einer gewissen Verfestigung der Pflegedauer sehr gute Aussichten haben, das Kind vor einem Schaden im Falle der Herausnahme zu schützen und den Verbleib in der Pflegefamilie durchzusetzen. Der Verfasser konnte hier in einer großen Vielzahl von Verfahren Verbleibensanordnungen für Pflegeeltern durchsetzen. Dabei ist es in derartigen Verfahren natürlich stets von großer Bedeutung, die Gefahren für das Pflegekind und aus Sicht des Pflegekindes vorzutragen. Generell darf das Elternrecht nicht unterschätzt werden und wird auch bei den Gerichten durchaus hoch angesiedelt. Es gilt jedoch der ganz allgemeine Grundsatz, dass das Elternrecht vom Kindeswohl verdrängt wird.

Die oben zitierte Entscheidung des OLG Hamm wird im PDF-download in anonymisierter Fassung im kompletten Wortlaut wiedergegeben:

Quelle: RA Steffen Siefert

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Vormundschaft in der Pflegekinderhilfe, Kooperation und Ehrenamt

Christian Erzberger, Henriette Katzenstein

Die vorliegende Expertise widmet sich dem Zusammenspiel zwischen Pflegekinderhilfe und Vormundschaft, das bisher in Forschung und Literatur wenig behandelt wurde.

Diese Schnittstelle wurde im Rahmen der Beschäftigung mit der Weiterentwicklung der gesetzli-chen Grundlagen und der Praxis in der Pflegekinderhilfe durch die Expert*innen des „Dialog-forums Pflegekinderhilfe“ in den Blick genommen.

Den Hintergrund bildeten zum Einen die in der Praxis virulenten Kooperationsfragen: Aufgabenüberlappungen, Komplexität der Fallkonstellationen und unterschiedliche Traditionen und Perspektiven machen es in der Praxis nicht leicht, Vereinbarungen zur Zusammenarbeit, die meist auf lokaler Ebene ausgehandelt werden, zu erzielen.

Zum Zweiten stellt der gerade im Zuge der verstärkten Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten zunehmende Einsatz von ehrenamtlichen Vormündern besondere Anforderungen an deren Gewinnung, Auswahl, Qualifikation und Unterstützung.

Zum Dritten ist zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Expertise eine umfassende Neuformulierung des Vormundschaftsrechts in Planung. Das neue Recht soll auch Normen beinhalten, die Fragen der Kooperation insbesondere zwischen den Erziehungspersonen im Alltag und den Sorgeberechtigten (Vormund, Pfleger*in) betreffen und wird insofern eine neue Grundlage für das Kooperationsverständnis in der Praxis bieten.

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Aufwandsentschädigung für Pflegeeltern als Vormünder und Pfleger

In vielen Fällen sind Pflegeeltern selbst Vormünder für ihre Pflegekinder, haben also das gesamte Sorgerecht für diese übertragen bekommen. In vielen anderen Fällen wurde den Pflegeeltern vom Familiengericht zumindest Teilbereiche der elterlichen Sorge übertragen, beispielsweise das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht der Gesundheitsfürsorge, das Recht, in schulischen Angelegenheiten zu bestimmen oder das Recht, Hilfe zur Erziehung zu beantragen. Letzteres, also eine teilweise Sorgerechtsübertragung, lässt sich in der Praxis oftmals durch die Vorschrift des § 1630 III BGB bewirken. Hiernach können Pflegeeltern beantragen, Sorgerechtsteilbereiche übertragen zu bekommen, wobei der Antrag jedoch die Zustimmung der sorgeberechtigten Kindeseltern voraussetzt.

Unstreitig können Pflegeeltern, die Vormund für ihr Kind sind, hierfür eine sogenannte Aufwandsentschädigung erhalten. Dies ist in § 1835 a BGB geregelt. Die Aufwandsentschädigung soll die Kosten zur Führung der Vormundschaft pauschaliert abgelten. Der Anspruch entsteht gegen die Staatskasse, wenn das Mündel, also das Pflegekind, einkommenslos ist (§ 1836 a BGB). Haben Pflegeeltern die Vormundschaft als Ehepaar, so kann jeder Ehepartner die Aufwandsentschädigung beantragen. Nach unseren Erfahrungen wird dieser Antrag oft aus Unkenntnis unterlassen. Zu beachten ist, dass die Aufwandsentschädigung erstmals ein Jahr nach Bestellung des Vormundes gezahlt wird. Diese muss jedoch binnen 3 Monaten nach Ablauf des Jahres , in dem sie entstanden ist, geltend gemacht werden. Anderenfalls erlischt der Anspruch! Bei der Frage, wann diese Frist zu laufen beginnt, hat sich inzwischen die Auffassung durchgesetzt, dass dies jeweils das Jahresende ist. Nach der Rechtsprechung des OLG Frankfurt/M. (FamRZ 2005, 393) beginnt diese Ausschlussfrist mit dem Ende des jeweiligen Kalenderjahres, in welchem das Betreuungsjahr geendet hat und läuft somit jeweils am 31. März ab. Dies vertritt jetzt auch ausdrücklich Palandt-Diederichsen (66. Aufl. 2007, § 1835 a Rn 6). Es wird daher dringend empfohlen, dass der Antrag jeweils spätestens bis zum 31.03. eines jeden Jahres geltend gemacht wird. Zur Fristwahrung genügt die Geltendmachung des Anspruchs gegenüber dem Gericht.

Umstritten war bislang die Frage, ob Pflegeeltern einen Anspruch auf diese Entschädigung auch dann haben, wenn sie nicht Vormund sind, sondern nur einzelne Teilbereiche der elterlichen Sorge übertragen bekommen haben. Hier wurde häufig von Gerichten eingewendet, die Aufwandsentschädigung stünde nur Vormündern zu. Im Übrigen jedoch wäre sie ausgeschlossen, da die Pflegeeltern ja auch Pflegegeld erhalten würden. Hierzu sind inzwischen mehrere positive Entscheidungen für Pflegeeltern ergangen.

So hat das OLG Stuttgart (Beschluss vom 06.12.2005, FamRZ 2006, 1290 f.) festgestellt:

„Pflegepersonen, denen nach § 1630 III BGB Angelegenheiten der elterlichen Sorge übertragen wurden, haben einen Anspruch auf Aufwandsentschädigung nach § 1835 a BGB. Einer Bestellung zum Pfleger bedarf es hierzu nicht.“

Das OLG führt in den Gründen aus:
§ 1630 III Satz 3 BGB führt zu einer entsprechenden Anwendung der Vorschriften über die Rechte und Pflichten eines Pflegers, soweit diese nicht gerade die förmliche Stellung des Pflegers betreffen. (…) Danach haben Pflegepersonen gem. §§ 1630 III Satz 3, 1915 I, 1835 a BGB einen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Im Umfang der Übertragung hat die Pflegeperson nicht nur die Pflichten, sondern auch die Rechte eines Pflegers. Zu den Rechten des Pflegers gehört nach §§ 1915 I, 1835 ff. BGB der Anspruch auf Aufwendungsersatz oder Vergütung. Weder aus dem Gesetzeswortlaut des § 1630 III noch aus dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist zu entnehmen, dass einer Pflegeperson ein Aufwendungsersatzanspruch aus §§ 1835, 1835 a BGB nicht zustehen sollte. Es ist nicht einzusehen, warum eine Pflegeperson, die die Aufgaben eines Pflegers für bestimmte Bereiche wahrnimmt, im Hinblick auf die Aufwandsentschädigung nicht so gestellt werden sollte wie ein Pfleger. Ebenso wie z.B. ein Ergänzungspfleger nach § 1909 I BGB haben deshalb Pflegepersonen, denen Angelegenheiten der elterlichen Sorge übertragen wurden, einen Aufwendungsersatzanspruch aus § 1835 a BGB, wobei hierfür die förmliche Bestellung in Abweichung der Regelung für den Pfleger und den Vormund nicht Anspruchsvoraussetzung ist.“

Auch das OLG Hamm hat sich etwa dieser Auffassung angeschlossen. Im Beschluss vom 27.07.2006 (6 WF 80/=6 OLG Hamm, soweit ersichtlich unveröffentlicht) führt das OLG aus, dass dem Anspruch für Pflegeeltern auf eine Aufwandsentschädigung nicht entgegensteht, dass die Pflegeeltern „für beide Kinder Pflegegeld und Kindergeld beziehen“. Die Verwaltungsabteilung des OLG hat in dieser Angelegenheit eine umfassende Prüfung der Rechtslage angefertigt, auf welche sich das OLG in seinem Beschluss bezieht. In dieser Stellungnahme der Verwaltungsabteilung wird zutreffend ausgeführt:

„Den Pflegeeltern steht für die Wahrnehmung ihrer faktischen Pflegetätigkeit aber keine Vergütung im eigentlichen Sinn zu. Das den Pflegeeltern gewährte Pflegegeld ist zweckbestimmt zur täglichen Versorgung und Erziehung des Pflegekindes (MüKo-Strick Rn 4 zu § 33 SGB VIII und Rn 2 ff zu § 239 SGB VIII). Als solches ist es unpfändbar (Bundesgerichtshof, NJW-RR 2006, 5) und wird auch sozialhilferechtlich nicht als Einkommen der Pflegeeltern gewertet (OVG Münster, FamRZ 1996, 900). Dementsprechend ist dem Erlass über die Festsetzung der Pauschalbeträge bei Vollzeitpflege, die für die beiden Kinder derzeit jeweils 693,00 € betragen und die sich aus einem Anteil für materielle Aufwendungen und Kosten der Erziehung zusammensetzen (…) ausgeführt, dass diese Beträge den gesamten Lebensbedarf der Kinder einschließlich der Kosten ihrer Erziehung umfassen. Zu diesem Lebensbedarf gehören die Kosten der Wahrnehmung der nach § 1630 III BGB übertragenen Aufgaben nicht. Das zeigt zum einen der Umstand, dass sich das Pflegegeld nicht erhöht, wenn der Aufgabenkreis und das Haftungsrisiko für die Pflegeeltern durch Übertragung von Teilbereichen der elterlichen Sorge nach § 1630 III BGB erweitert wird. Zum anderen erwachsen den Pflegeeltern aus dieser Stellung eigene Verpflichtungen gegenüber dem Gericht (…). Wegen des Pauschalcharakters kann (…) die Aufwandsentschädigung des § 1835 a BGB in voller Höhe verlangt werden (Bienwald in Anm. zu BayOblG, FamRZ 2002, 1222).“

Im Ergebnis ist daher auch allen Pflegeeltern, welche (nur) Teilbereiche der elterlichen Sorge für ihre Pflegekinder innehaben, anzuraten, entsprechende Anträge auf Aufwandsentschädigung zu stellen. Auch dies muss innerhalb der oben dargestellten 3-Monatsfrist geschehen, damit der Anspruch nicht erlischt.

Quelle: RA Steffen Siefert

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Neueste Rechtsprechung zum Vorrang von Pflegeeltern als Vormünder

Eine Reihe guter rechtlicher und pädagogischer Gründe spricht dafür, dass bevorzugt Pflegeeltern anstelle von Jugendämtern Vormund ihrer Pflegekinder sein sollten. Rechtlich besteht ohnehin ein entsprechender Vorrang.

Dennoch müssen Vormundschaften für Pflegeeltern in der Praxis häufig gegen den Willen von Jugendämtern durchgesetzt werden. Regelmäßig entscheiden die Gerichte hierbei jedoch im Sinne der Pflegeeltern.

In jüngster Zeit hat etwa das LG Frankfurt am Main und das LG Wiesbaden die Vormundschaft jeweils mit sehr kindeswohlbezogenen Argumenten auf die Pflegeeltern übertragen.

Das LG Frankfurt/M. hat in seinem Beschluss vom 16.02.2009 (FamRZ 09, 2103) ausgeführt:

1.
„Die Entlassung des Amtsvormundes und die Bestellung der Pflegeeltern zu Einzelvormündern dient dem Wohl der betroffenen Kinder. Die mit der Übertragung der Vormundschaft einhergehende größere rechtliche Verbundenheit der Pflegeeltern zu den betroffenen Kindern und die dadurch erhöhte Sicherheit, dass die Verbindung aufrechterhalten bleibt, spricht ganz entscheidend für eine Übertragung der Vormundschaft auf die Pflegeeltern.

2.
Es ist für die betroffenen Kinder von erzieherischem Vorteil, wenn sie erleben, dass die emotionale Bezugsperson auch rechtliche Befugnisse hat“.

Das LG Wiesbaden (Beschluss vom 03.09.08, FamRZ 09, 2103) führt aus:

1.
Die Bestellung geeigneter Einzelvormünder hat grundsätzlich Vorrang vor einer Amtsvormundschaft, da die Einzelvormünder dem Wohl des Mündels im allgemeinen besser und individueller dienen können als ein Amtsvormund.

2.
Gerade für ein Kind, das sehr sensibel und schnell verunsichert werden kann, sind stabile Lebensverhältnisse und verlässliche Bezugspersonen wichtig. Diese Stabilität und Verlässlichkeit kann dem Kind vermittelt werden, wenn seine „sozialen“ Eltern künftig auch in der Lage sind, die erzieherischen Entscheidungen eigenständig zu treffen.

Etwas älter aber immer noch aktuell ist auch die sehr kindzentrierte Entscheidung des LG Hannover, die Sie unter „Wichtige Entscheidungen“ finden.

Pflegeeltern seien daher ermutigt, die Übernahme der Vormundschaft anzustreben, da dies eine deutlich größere Rechtssicherheit für die Pflegefamilie mit sich bringt.

Allerdings sei Pflegeeltern geraten, einen solchen Antrag nicht ohne anwaltliche Beratung und Unterstützung zu stellen. Hier sollte aufgrund der Familienrechtsreform vorsichtiger vorgegangen werden. Denn seit dem 01.09.2009 und der Geltung des FamFG ist nunmehr das Familiengericht für die Entlassung des Amtsvormundes und die Bestellung eines Einzelvormundes zuständig. Zuvor waren dies die Vormundschaftsgerichte. Das FamFG hat die Vormundschaftsgerichte jedoch abgeschafft und an dieser Stelle eine erweiterte Zuständigkeit des Familiengerichts geschaffen. Anders als zuvor bei den Vormundschaftsgerichten werden die Familiengerichte bei Prüfung nach Bestellung der Pflegeeltern als Einzelvormünder nunmehr auch prüfen, ob nicht der Sorgerechtsentzug gänzlich aufgehoben werden kann. Es muss hier also nun das Risiko bedacht werden, dass ggf. das Gericht prüft, ob nicht das Sorgerecht auch den leiblichen Eltern zurückübertragen werden kann. Denn nach § 166 FamFG iVm § 1696 BGB prüft das Familiengericht regelmäßig seine zum Kinderschutz getroffenen Maßnahmen, so also auch einen Sorgerechtsentzug. Die Vormundschaftsgerichte haben dies nach der früheren Rechtslage nicht getan. Dies heißt natürlich keineswegs, dass derartige Anträge zukünftig keinen Erfolg mehr haben. Es bedarf nun jedoch zuvor einer sorgfältigen Abwägung. Nach Auffassung des Unterzeichners ist die Rechtsprechung, welche bislang zum Vorrang der Einzelvormundschaften ergangen ist, nach wie vor gültig und auch von den Familiengerichten zu befolgen. Denn die entscheidenden gesetzlichen Voraussetzungen für die Entlassung eines Amtsvormundes oder Vereinsvormundes wurden nicht geändert. Dennoch bleibt nach der Reform der Zuständigkeit und nunmehriger Abgabe dieser Aufgaben an das Familiengericht die weitere Entwicklung abzuwarten. Einstweilen empfiehlt sich daher zunächst jedenfalls eine sorgfältige Prüfung.

Quelle: RA Steffen Siefert

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Genehmigung der Taufe eines Pflegekindes

Viele Pflegeeltern stellen sich die Frage, ob sie die Religion ihres Pflegekindes bestimmen oder eventuell ändern können. Häufig erhält der Verfasser hier Anfragen von Pflegeeltern, ob nicht auch das Pflegekind katholisch getauft oder evangelisch erzogen werden kann oder ob das Kind eine sonst von den Pflegeeltern ausgeübte Religion annehmen kann. Natürlich kann es von großer Wichtigkeit sein, dass ein Pflegekind etwa die gleiche Religion annehmen kann, wie seine Pflegeeltern. Denn gerade für Pflegekinder ist es wichtig, dass diese keine Außenseiterposition in der Pflegefamilie einnehmen, sondern auch hinsichtlich der gelebten Religion dazugehören. Oftmals ergeben sich auch in stark religiös geprägten Gegenden Probleme, etwa wenn das Pflegekind als einziges in der Klasse nicht katholisch ist und daher als einziges Kind nicht an der Erstkommunion teilnehmen kann.

Grundsätzlich ist in der Praxis durchaus möglich, die religiöse Zugehörigkeit eines Pflegekindes zu bestimmen, jedoch müssen einige Besonderheiten berücksichtigt werden. Die erste und wichtigste Frage ist insoweit, wer für das betroffene Pflegekind die elterliche Sorge innehat. Denn das Recht, das religiöse Bekenntnis zu bestimmen, ist ein Teil des Sorgerechtes für ein Kind. Mit anderen Worten: Grundsätzlich kann (nur) der Inhaber der elterlichen Sorge die Religion des Kindes bestimmen, wobei hier einige Besonderheiten zu beachten sind.

Steht die gesamte elterliche Sorge den leiblichen Eltern gemeinsam zu, so können auch nur diese über die Religion des Kindes bestimmen. Steht die elterliche Sorge etwa alleine der Kindesmutter oder dem Kindesvater zu, so ist entsprechend auch nur die Kindesmutter oder der Kindesvater hier-zu berechtigt. In rechtlicher Hinsicht ist dies im Gesetz über die religiöse Kindererziehung vom 15.07.1921 geregelt. Dieses führt insoweit aus:

„§ 1 Über die religiöse Erziehung eines Kindes bestimmt die freie Einigung der Eltern, soweit ihnen das Recht und die Pflicht zusteht, für die Person des Kindes zu sorgen. Die Einigung ist je-derzeit widerruflich und wird durch den Tod eines Ehegatten gelöst“.

Wenn also die elterliche Sorge noch bei den leiblichen Eltern oder einem Elternteil liegt, kann leider das religiöse Bekenntnis eines Pflegekindes nicht ohne entsprechende Zustimmung oder Einwilligung der leiblichen Eltern geregelt werden. Weder Pflegeeltern noch Jugendamt können dies in rechtlich zulässiger Weise tun.

Anders liegt die Sache jedoch, wenn das Sorgerecht gar nicht mehr den leiblichen Eltern zusteht, sondern einem Vormund, etwa dem Jugendamt oder den Pflegeeltern. Denn die Möglichkeit, das religiöse Bekenntnis eines Kindes zu bestimmen, kann dann vom Vormund ausgeübt werden.

Es gelten jedoch hier zwei nachhaltige Besonderheiten:

Vormund hat nur Erstbestimmungsrecht bezüglich der Religion
Normalerweise kann ein Vormund alle Entscheidungen, welche der zuvorige Sorgerechtsinhaber getroffen hat, wieder rückgängig machen. Hatten also z.B. leibliche Eltern ein Kind in der A-Schule angemeldet und wurde ihnen dann das Sorgerecht entzogen, so könnte der Vormund diese Ent-scheidung der Eltern wieder rückgängig machen und das Kind, wenn er dies aus Kindeswohlgründen für angezeigt hält, z.B. auf der B-Schule anmelden. Dieser Grundsatz, dass getroffene Sorgerechtsentscheidungen vom späteren Vormund abgeändert werden können, gilt jedoch nicht für die Religion! Haben leibliche Eltern zu der Zeit, als ihnen das Sorgerecht noch zustand, für ihr Kind bereits eine religiöse Bestimmung getroffen, so kann ein Vormund diese Bestimmung nicht mehr abändern. Eine solche Abänderung ist auch dann nicht mehr möglich, wenn etwa den Kindeseltern das Sorgerecht entzogen wurde. Haben leibliche Eltern also vor einem Entzug der elterlichen Sorge die Religion ihres Kindes bereits „geregelt“, so ist dieses Recht gleichsam „verbraucht“. Ein späterer Vormund kann diese religiöse Bestimmung dann nicht mehr ändern. Auch dies folgt aus dem Gesetz über die religiöse Kindererziehung. Dort heißt es in § 3:

„§ 3 Steht die Sorge für die Person eines Kindes einem Vormund oder Pfleger allein zu, so hat dieser auch über die religiöse Erziehung des Kindes zu bestimmen. Er bedarf dazu der Genehmigung des Familiengerichts. Vor der Genehmigung sind die Eltern sowie erforderlichenfalls Verwandte, Verschwägerte und die Lehrer des Kindes zu hören, wenn es ohne erhebliche Verzögerung oder un-verhältnismäßige Kosten geschehen kann. Der § 1779 Abs. 3 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs findet entsprechende Anwendung. Auch ist das Kind zu hören, wenn das 10. Lebensjahr vollendet hat. Weder der Vormund noch der Pfleger können eine schon erfolgte Bestimmung über die religiöse Erziehung ändern.“

Haben die Kindeseltern zu der Zeit, als sie das Sorgerecht noch innehat-ten, jedoch keinerlei Bestimmung über die Religion getroffen, hierzu nichts geregelt oder sich schlichtweg keine Gedanken gemacht, so ist dieses Recht noch „frei“ und „unverbraucht“. Mit anderen Worten: Dann kann der Vormund erstmals das religiöse Bekenntnis eines Kindes bestimmen. Denn ihm kommt nach dem oben zitierten Gesetz das sog. Erstbestimmungsrecht zu.

Vormund muss familiengerichtliche Genehmigung einholen
Sofern der Vormund das religiöse Bekenntnis des Kindes also bestimmen kann, ist jedoch noch eine zweite Besonderheit zu beachten. Der Vormund muss insoweit zunächst eine Genehmigung des Familiengerichtes einholen, das Kind z.B. katholisch taufen lassen zu können. Auch dieses Erfordernis erfolgt aus § 3 des Gesetzes über die religiöse Kindererziehung, wie oben zitiert. Aus dieser Vorschrift ist auch abzuleiten, dass das Familiengericht vor Erteilung der Genehmigung die Eltern anhört und auch das betroffene Kind, wenn dieses bereits 10 Jahre alt ist. Den Eltern kommt hier aber nicht etwa ein „Veto-Recht“ zu. Diese haben die Gelegenheit sich zu äußern. Die Argumente der Kindeseltern gegen die von den Pflegeeltern gewünschte religiöse Bestimmung sind vom Gericht zur Kenntnis zu nehmen. Letztlich aber muss sich das Familiengericht bei der Genehmigungserteilung vom Kindeswohl leiten lassen.

Daher kann ein Vormund, sofern er das Erstbestimmungsrecht noch inne hat, für das Pflegekind regelmäßig mit guten Argumenten eine entspre-chende Genehmigung beim Gericht durchsetzen.

Der Verfasser konnte hier etwa für Pflegeeltern, welche gleichzeitig auch Vormünder ihres Kindes waren, beim Amtsgericht Recklinghausen durchsetzen, dass die katholische Taufe des Kindes gegen den Willen der leiblichen Eltern genehmigt wurde.

In seinem Beschluss vom 11.10.2011 (45 F 423/10) hat das AG Reckling-hausen ausgeführt:

„Die katholische Taufe des Kindes wird genehmigt.
Der Kindesmutter ist mit Beschluss vom 30.03.2009 die elterliche Sorge für das am 01.06.2008 geborene Kind entzogen worden (…). Das Kind lebt seit dem 01.06.2009 bei seinen Pflegeeltern, denen mit Beschluss vom 18.11.2010 die Vormundschaft übertragen worden ist. Die Pflegeeltern beantragen, die katholische Taufe des Kindes zu genehmigen. Zur Begründung tragen sie vor, der Pflegevater sei katholisch, ihr gemeinsames leibliches Kind sei katholisch getauft worden und besuche die katholische Grundschule. Diese solle (das Pflegekind) später auch besuchen. Voraussetzung hierfür sei grund-sätzlich, dass das Kind die katholische Konfession besitze. Die Kindesmutter erklärt sich mit einer katholischen Taufe des Kindes nicht einverstanden. Sie möchte, dass (das Pflegekind) irgendwann selbst entscheidet, welcher Religion sie angehört. Das Jugendamt (…) befürwortet den Antrag der Antragsteller. Auf den Bericht des Jugendamts vom 13.09.2011 wird Bezug genommen.

Der Antrag, das Kind katholisch taufen zu lassen, wird genehmigt. Den Pflegeeltern steht nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Religiöses Kindererziehungsgesetz (RelKErzG) das Recht zu, über die religiöse Erziehung des Kindes zu bestimmen, da ihnen die Vormundschaft übertragen worden ist. Sie bedürfen hierzu jedoch nach § 3 Abs. 2 Satz 2 RelKErzG der Genehmigung des Familiengerichts.

Die Genehmigung ist zu erteilen, da diese nach den getroffenen Feststellungen dem Wohl des Kindes entspricht. Das Kind lebt bereits seit dem 01.06.2009 bei den Pflegeeltern. Bei der Aufnahme war erst zwei Monate alt. Zu der Kindesmutter besteht kein Kontakt. Mit einer Rückführung des Kindes zu der Kindesmutter ist derzeit nicht zu rechnen. Um eine noch intensivere Bindung des Kindes zu seinen Pflegeeltern und dessen ebenfalls katholisch getauften Kind herzustellen, ist die katholische Taufe erforderlich. Das Kind wird sich in den nächsten Jahren bewusst werden, ob es katholisch, evangelisch oder gar nicht getauft worden ist. Es wird kaum nachvollziehen können, warum es anders als das Kind der Pflegeeltern nicht katholisch getauft worden ist. Es ist zu erwarten, dass es dem gleichen Glauben angehören will, den auch die Pflegeeltern und deren Kind besitzen. Es kommt damit nicht entscheidend darauf an, ob es zur Aufnahme in die katholische Grundschule getauft sein muss. Über das religiöse Bekenntnis kann das Kind nach § 5 RelKErzG selbständig erst mit Vollendung des 14. Lebensjahres entscheiden. Zur intensiveren Bindung des Kindes an seine Pflegeeltern erscheint es jedoch erforderlich, das Kind vorher katholisch taufen zu lassen. Nach Vollendung des 14. Lebensjahres hat das Kind dann das Recht, sich für einen anderen Glauben zu entscheiden. Die Pflegeeltern und die Kindesmutter sind persönlich angehört worden. Von der Anhörung des Kindes ist im Hinblick auf dessen Alter abgesehen worden.“

Diese sehr kindzentrierte Entscheidung auch gegen den Willen der leibli-chen Mutter zeigt also, dass es grundsätzlich gute Aussichten gibt, das religiöse Bekenntnis eines Kindes entsprechend zu bestimmen, jedenfalls wenn die oben besprochenen formalen Voraussetzungen gegen sind.

Freies Entscheidungsrecht ab 14 Jahren
Steht das Sorgerecht noch den leiblichen Eltern zu und verweigern diese die Einwilligung, dann muss das Pflegekind leider bis zum 14. Lebensjahr warten. Ab dem 14. Lebensjahr hat man die sog. „Religionsmündigkeit“, kann also auch gegen den Willen eines Sorgerechtsinhabers – und auch gegen leibliche Eltern – sein religiöses Bekenntnis selbst bestimmen. Dies folgt aus § 5 RelKErzG. Die Vorschrift lautet:

„Nach der Vollendung des 14. Lebensjahres steht dem Kind die Entscheidung darüber zu, zu welchem religiösem Bekenntnis es sich halten will. Hat das Kind das 12. Lebensjahr vollendet, so kann es nicht gegen seinen Willen in einem anderen Bekenntnis als bisher erzogen werden.“

Quelle: RA Steffen Siefert

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