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VG Hamburg untersagt die Pauschalfinanzierung von rechtsanspruchsgebundenen Einzelfallhilfen in der Kinder- und Jugendhilfe.

Das Verwaltungsgericht Hamburg hat in seinem Urteil vom 10.12.2015, Az. 13 K 1532/12 das von der Stadt Hamburg seit mehreren Jahren praktizierte Zuwendungsfinanzierungsmodell einer sozialraumorientierten Steuerung von ambulanten Hilfen in der Jugendhilfe untersagt.

Das Urteil hat erhebliche praktische Konsequenzen für die Zulässigkeit der sozialraumorientierten Steuerung in Hamburg aber auch überregional. Das Verwaltungsgericht Hamburg hat bekräftigt, dass es rechtswidrig ist, Hilfen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, über Zuwendungen direkt pauschal zu finanzieren, weil Jugendhilfeleistungen auf die ein Rechtsanspruch besteht, nach der gesetzlichen Konstruktion des SGB VIII zwingend über das sogenannte rechtliche Dreiecksverhältnis zu finanzieren seien. Hier gelte das System der Entgeltfinanzierung.

Das Urteil folgt damit der ständigen Rechtsprechung zur sozialraumorientierten Steuerung in der Jugendhilfe.Das Urteil enthält aber auch bedeutsame neue Aspekte. Hierzu gehört vor allem, dass klar formuliert wird, dass das von der Stadt Hamburg verfolgte sozialraumorientierte Steuerungsmodell dazu führe, dass Rechtsansprüche von Hilfesuchenden verkürzt würden. Hervorzuheben ist auch, dass das Urteil sehr akribisch die rechtsanspruchsgebundenen Leistungen von denjenigen der allgemeinen Förderung, also von präventiven Angeboten abgrenzt.

Urteil VG-Hamburg: vom 10.12.2015, Az. 13 K 1532/12

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Bundesverfassungsgericht hebt Beschluss zur Rückführung eines Pflegekindes auf

Das Bundesverfassungsgericht hob mit Beschluss vom 03.02.2017 (1 BvR 2569/16) auf Antrag der Verfahrenspflegerin eines Pflegekindes einen Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 13.10.2016 (21 UF 56/16) auf, wonach ein Pflegekind innerhalb von sechs Wochen zu seinen Eltern zurückzuführen sei.

Begründung sei eine Verletzung der Grundrechte des Kindes aus Artikel 2 Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes. Die Sache wurde an das Oberlandesgericht Köln zurückverwiesen.

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VG Arnsberg: Keine pauschale Kürzung des Pflegegeldes bei Verwandtenpflege

In einem Urteil vom 30.01.2007 (Aktenzeichen: 11 K 2207/06) hat das Verwaltungsgericht Arnsberg festgestellt, dass die pauschale Kürzung des Pflegegeldes um 20 % bei mit dem Pflegekind verwandten Personen – in diesem Fall Großeltern –rechtswidrig ist. Das Verwaltungsgericht führt in den Entscheidungsgründen aus:

(…) Der Beklagte (ist) bei der mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.02.2006 vorgenommenen Ausübung des Widerrufs zu Unrecht davon ausgegangen, dass er die damit der Sache nach verfügte Pflegegeldkürzung auf der Grundlage einer pauschalen Regelung vornehmen durfte. Dies ist indessen nicht der Fall. Nach dem Sinn und Zweck der in § 39 Abs. 4 Satz 4 SGB VIII getroffenen Kürzungsregelung hätte in die vom Beklagten insoweit getroffene Ermessensentscheidung das Ergebnis einer – auch – an der finanziellen Situation der Pflegeeltern orientierten Einzelfallprüfung einfließen müssen.

Der zitierten Norm zufolge kann das Jugendamt das Pflegegeld, das gem. § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII als monatlicher Pauschalbetrag gewährt wird und sich aus dem notwendigen Unterhalt des Kindes in der Pflegefamilie („materielle Aufwendung“) einerseits und den Kosten der Erziehung andererseits zusammensetzt, angemessen kürzen, wenn die Pflegeperson gegenüber dem Pflegekind unterhaltsverpflichtet ist. (…) Dementsprechend ist eine Pflegegeldkürzung grundsätzlich bereits dann möglich, wenn – wie im vorliegenden Fall – eine abstrakte Unterhaltsverpflichtung der Pflegeperson gegenüber dem Pflegekind besteht.

Indessen hat das Jugendamt die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Pflegeperson im Rahmen des dann eröffneten Ermessens zu berücksichtigen. (…) Eine einzelfallbezogene Klärung der Leistungsfähigkeit der Großeltern wäre aber auch dann zwingend notwendig, wenn man – mit dem Beklagten – ausschließlich auf eine Kürzung des in dem Pflegegeld enthaltenen Erziehungskostenanteil abzielte. Die mit der Regelung in § 39 Abs. 4 Satz 4 SGB VIII eröffnete Kürzungsmöglichkeit erfährt nämlich ihre innere Rechtfertigung daraus, dass – wie es in der Gesetzesbegründung hierzu wörtlich heißt – „Großeltern aufgrund ihrer engen verwandtschaftlichen Beziehung zu dem Kind oder Jugendlichen und der daraus resultierenden Unterhaltspflicht auch eine von der Rechtsordnung anerkannte Pflichtenposition haben und deshalb von der staatlichen Gemeinschaft nicht ohne weiteres dieselbe finanzielle Honorierung für ihre Betreungs- und Erziehungsleistung innerhalb der Verwandtschaft erwarten dürfen wie Pflegepersonen, die dem Kind oder Jugendlichen nicht so eng verbunden sind“ (…). Die insoweit allein verbleibende Barunterhaltspflicht besteht angesichts der Regelung in § 1603 Abs. 1 BGB jedoch von vornherein unter dem Vorbehalt einer – von den jeweils konkreten Umständen abhängigen – wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Großeltern. Hieraus ergibt sich, dass sich Pflegegeldkürzungen auf der Grundlage von § 39 Abs. 4 Satz 4 SGB VIII einer pauschalierenden Betrachtung – wie sie der Beklagte im vorliegenden Fall vorgenommen hat – entziehen. Vielmehr kann über die Frage, ob eine Pflegegeldkürzung angemessen im Sinne der genannten Norm ist, nur unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls entschieden werden (so ausdrücklich auch die Gesetzesbegründung in BTD rs. 15/3676 vom 06.09.2004 aaO). Bei dieser Einzelfallentscheidung ist die – aktuelle – Leistungsfähigkeit der Großeltern ebenso von Bedeutung wie die Frage, ob das Pflegekind aufgrund bestimmter Umstände einen erhöhten Erziehungs- und Betreuungsaufwand verursacht“.

Quelle: RA Steffen Siefert

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OLG Köln: Zur Prüfung des Kindeswohles bei Pflegestellenwechsel eines Säuglings

Mit Beschluss vom 04.09.2006 (FamRZ 2007, 658 ff.) hat das OLG Köln die Voraussetzungen einer Verbleibensanordnung für einen Säugling bereits nach 3 Monaten Pflegedauer angenommen. Die meisten Gerichte setzten bislang mindestens eine halbjährige Pflegedauer voraus. Das OLG hat jedoch festgestellt, dass es keine unterste Altersgrenze gebe, vor der ein Trennungstrauma für ein Kind bedeutungslos sei. Ausdrücklich schreibt das OLG in den Gründen:

„Die strengen Anforderungen des § 1632 IV BGB, dass ein Verbleiben des Kindes in der Pflegefamilie nur dann anzuordnen ist, wenn durch die Wegnahme das Kindeswohl gefährdet würde trifft den Fall, dass das Kind in die eigene Herkunftsfamilie zurückgeführt werden soll. Darum geht es aber vorliegend nicht. Die Vormünderin hat A. nur aus der bisherigen Pflegestelle herausgenommen, um sie anschließend in einer anderen Pflegestelle, einer Adoptionspflegestelle nach § 1744 BGB, unterzubringen. In einem solchen Fall darf die Trennung des Kindes von seinen bisherigen Pflegeeltern nur dann erfolgen, wenn eine Ge¬fährdung des Kindeswohls nicht zu befürchten ist (Ständige Rechtsprechung des BVerfG, vgl. BVerfG, FamRZ 1987, 786 mwN).

Eine Gefährdung des psychischen Wohls von A. durch die Herausnahme aus der bisherigen Pflegefamilie kann unter den gegebenen Umständen aber nicht ausgeschlossen werden. In dem der Entscheidung BVerfG, FamRZ 1987, 786 zugrunde liegenden Verfahren sind vom BVerfG Gutachter zu der Frage eingeholt worden, welche psychischen Beeinträchtigungen bei einem Wechsel der Bezugspersonen zu befürchten seien. Der Gutachter hat dazu ausgeführt, die Trennung von der Bezugsperson führe zu einem Angst- und Bedrohungsgefühl, dass schädlich Dauerfolgen verursachen könne. Dabei könne keine unterste Altersgrenze festgestellt werden, vor der ein Trennungstrauma des Kindes ohne Bedeutung sei. Ein Säugling sei schon wenige Tage nach der Geburt in der Lage, selbst früheste Erfahrungen zu speichern. Das BVerfG zieht daraus die allgemeine Folgerung, dass für ein Kind mit seiner Herausnahme aus der gewohnten Umgebung ein schwer bestimmbares Zukunftsrisiko verbunden sei. Dem schließt sich der Senat an. Eine Gefährdung des Kindeswohls lässt sicher daher vorliegend nicht ausschließen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es besonders wichtig ist in A. ein starkes Urvertrauen aufzubauen, da sich nicht ausschließen lässt, dass hier durch massiven Alkohol- und Medikamentenmissbrauch ihrer leiblichen Mutter in der Zeit der Schwangerschaft embryonale Schädigung erlitten hat, diese möglicherweise auf Dauer behindern werden. (…) Hinzu kommt, dass die Pflegeeltern nach 12 Wochen, in denen sie A. als das Kind, das sie auf Dauer bei sich behalten und adoptieren wollen, Bindungen aufgebaut haben. Ob diese Zeitdauer bereits ausreicht, um ein Schutz nach Art. 6 I GG zu begründen (vgl. dazu grundsätzlich BVerfG FamRZ 1985, 39 = NJW 1985, 423; FamRZ 1989, 31 = NJW 1989, 519) kann dahinstehen. Jedenfalls ist es nicht hinnehmbar, dass ihnen nach fast 3 Monaten das Kind weggenommen wird, ohne dass sie sich vorher überhaupt dazu äußern konnten.“

Letztlich wurde das Kind in diesem Fall wieder zu seinen Pflegeeltern zurückgeführt.

Quelle: RA Steffen Siefert

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OLG Frankfurt/M.: Verbleib trotz wiedergewonnener Erziehungsfähigkeit der Kindesmutter

Das OLG Frankfurt a.M. hat mit Beschluss vom 28.02.2002 (FamRZ 2002, 1277 ff.) hervorgehoben, dass eine Verbleibensanordnung zugunsten eines Pflegekindes auch dann ergehen muss, wenn die leibliche Mutter inzwischen (wieder) erziehungsfähig ist, sich das Pflegekind inzwischen jedoch zu eng in der Pflegefamilie gebunden hat. Ausdrücklich hat das OLG in seiner Entscheidung ausgeführt:

„Es muss bei dem Sorgerechtsentzug auch bei wiedergewonnener Erzie-hungsfähigkeit der Mutter bleiben, wenn die Aufhebung des Sorgerechtsentzuges die derzeit stabile Entwicklung des Kindes gefährden würde, weil sie mit der Unterbrechung der Bindungen zu den Pflegeeltern, bei denen das 8jährige Kind seit 3 ½ Jahren lebt, einhergehen müsste. (…) Nachdem das Kind in früher Kindheit unter schwierigen Verhältnissen zunächst mit von der Großmutter und nach deren Erkrankung von den Pflegeeltern be-treut werden musste, würde die gerade gewonnene Sicherheit erneut gefährdet. (…) (Zwar hat sich) die Mutter emotional und in der Lebensbewältigung gefestigt und hat ein gutes, ausbaufähiges Verhältnis zu dem Kind wiederherstellen können. (…) Allerdings kann nicht übersehen werden, dass das Kind seit 1998 bei einer Pflegefamilie untergebracht ist und zu seinen Pflegeeltern eine herzliche Beziehung aufgebaut hat. Damit hat das Kind den größten Teil seines bewussten Lebens im Haushalt der Pflegeel-tern verbracht. Es hat – auch wenn es zu seiner Mutter ebenfalls eine herzliche Beziehung unterhält – den nachvollziehbaren Wunsch, weiterhin bei seinen Pflegeeltern wohnen bleiben zu dürfen, wo es sehr gut gefördert und in seiner Beziehung zur leiblichen Mutter gut unterstützt wird. Die Sachverständige hat den Wunsch des Kindes als mit den gewonnenen Befunden stimmig bezeichnet und sich zur Absicherung der Stabilität seiner Entwicklung für ein Verbleiben des Kindes bei seinen Pflegeeltern ausgesprochen.“

Quelle: RA Steffen Siefert

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VG Aachen: Erleichterte Voraussetzungen zur Namensänderung von Pflegekindern

Mit Urteil vom 29.08.2006 (Aktenzeichen: 6 K 1114/06) hat das Verwaltungsgericht Aachen hervorgehoben, dass die Schwelle zur Namensänderung bei Pflegekindern niedriger anzusetzen ist, eine Namensänderung also erleichtert möglich sein soll. Das Gericht führt in dem Urteil aus:

„Gem. dem danach Anwendung findenden § 3 I NÄG darf der Familienname nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Ein wichtiger Grund rechtfertigt die Änderung des Familiennamens, wenn die Abwägung aller für und gegen die Namensänderung streitenden Umstände ein Übergewicht der für die Änderung sprechenden Interessen ergibt. Danach ist ein wichtiger Grund für eine Änderung des Familiennamens gegeben, wenn das schutzwürdige Interesse des Namensträgers an der Ablegung seines bisherigen Namens unter Führung des neuen Namens Vorrang hat vor dem schutzwürdigen Interesse der durch eine Namensänderung betroffenen Träger des bisherigen und des neuen Namens und vor den in den gesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck gekommenen Grundsätzen der Namensführung, zu denen auch die Ordnungsfunktion des Namens sowie sicherheitspolizeiliche Interessen an der Beibehaltung des bisherigen Namens gehören“. (..)

„Die Schwelle zur Namensänderung ist somit in Ermangelung durchschla-gender schutzwürdiger mütterlicher Belange bei Pflegekindern, die in ei-nem auf Dauer angelegten Pflegeverhältnis leben, niedriger anzusetzen als in den Stiefkinder- oder Scheidungshalbwaisenfällen. Der Widerspruch der Mutter gegen die beabsichtigte „Einbenennung“ in die Pflegefamilie ist hier in der Regel unerheblich. Es kommt auch nicht darauf an, dass das Kindeswohl die Namensänderung erforderlich macht. Der Familienname des Pflegekindes ist dem der Pflegeeltern vielmehr nach § 3 I NÄG bereits dann anzugleichen, wenn dies das Wohl des Kindes fördert und überwiegende Interessen an der Beibehaltung des Namens nicht entgegenstehen. (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.04.1987 – 7 C 120.86, juris und NJW 1988, 85). Dem entspricht Nr. 42 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (NamÄndVwV) vom 11.08.1980), (…) wonach dem Antrag eines Pflegekindes auf Änderung seines Familiennamens in den Familiennamen der Pflegeel-tern entsprochen werden kann, wenn die Namensänderung dem Wohle des Kindes förderlich ist, das Pflegeverhältnis auf Dauer besteht und eine Annahme als Kind nicht oder noch nicht in Frage kommt.“

Quelle: RA Steffen Siefert

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