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Pressemitteilung Nr.74/2020 des Bundesverwaltungsgerichtes zur Kostenheranziehung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Jugendhilfe

Nunmehr gibt es ein weiteres Urteil, diesesmal vom Bundesverwaltungsgericht BVerwG 5 C 9.19 – Urteil vom 11. Dezember 2020, dass ebenfalls zu dem Schluss kommt, dass die praktizierende Abrechnung zur Kostenheranziehung nicht rechtskonform ist.

Grenzen der Erhebung eines jugendhilferechtlichen Kostenbeitrags bei jungen Menschen aus ihrem in einer Werkstatt für behinderte Menschen erzielten Einkommen

Maßgeblich für die Berechnung des Kostenbeitrags, den junge Menschen bei vollstationären Leistungen der Jugendhilfe zu erbringen haben, ist das durchschnittliche Monatseinkommen des Vorjahres. Stammt das Einkommen aus einer Tätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen, die dem Zweck der Jugendhilfeleistung dient, hat der Jugendhilfeträger nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob er von der Erhebung eines Kostenbeitrags ganz oder teilweise absieht. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Die 1993 geborene Klägerin ist mit einem höheren Grad als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Ab Dezember 2014 arbeitete sie in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Hierfür erhielt sie ein monatliches Nettoentgelt von durchschnittlich 88 €. Für die ihr gleichzeitig gewährte Hilfe für junge Volljährige in Form der vollstationären Unterbringung in einem Wohnheim zog der beklagte Landkreis sie für den Zeitraum von Januar 2015 bis Juli 2016 zu einem monatlichen Kostenbeitrag i.H.v. 75 Prozent ihres Einkommens heran. Diesen Beitrag setzte er im Widerspruchsbescheid auf durchschnittlich 67 € im Monat fest und verlangte von der Klägerin eine Nachzahlung i.H.v. 1 373,95 €. Die dagegen von der Klägerin erhobene Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen. Der streitige Kostenbeitragsbescheid ist rechtswidrig, weil der Beklagte bei der Berechnung des Einkommens der Klägerin die gesetzliche Regelung nicht angewendet hat, wonach das durchschnittliche Monatseinkommen maßgeblich ist, das die kostenbeitragspflichtige Person in dem Kalenderjahr erzielt hat, welches dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung vorangeht (§ 93 Abs. 4 Satz 1 Sozialgesetzbuch Achtes Buch – SGB VIII -). Diese Bestimmung ist entgegen der Ansicht des Beklagten auch anzuwenden, wenn junge Menschen für vollstationäre Leistungen der Jugendhilfe zu Kostenbeiträgen i.H.v. 75 Prozent ihres Einkommens (§ 94 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII) herangezogen werden. Der Umstand, dass das Abstellen auf den Vorjahreszeitraum teilweise als rechtspolitisch verfehlt angesehen wird und in der Gesetzgebung seit längerem Änderungen geplant sind, ist für die Auslegung des geltenden Rechts nicht erheblich.

Der Beklagte hat außerdem zu Unrecht von dem ihm gesetzlich (§ 94 Abs. 6 Satz 2 SGB VIII) eingeräumten Ermessen keinen Gebrauch gemacht. Danach kann ein geringerer Kostenbeitrag erhoben oder gänzlich von der Erhebung abgesehen werden, wenn das Einkommen aus einer Tätigkeit stammt, die dem Zweck der Jugendhilfeleistung dient. Diese Voraussetzung für die Ermessensausübung war hier erfüllt. Zweck der Hilfe für junge Volljährige ist in erster Linie die Unterstützung der Persönlichkeitsentwicklung und die Förderung einer selbstständigen und eigenverantwortlichen Lebensführung. Diesem Zweck diente auch die Tätigkeit der Klägerin in einer Werkstatt für behinderte Menschen.

BVerwG 5 C 9.19 – Urteil vom 11. Dezember 2020

Vorinstanzen:

OVG Bautzen, 3 A 751/18 – Urteil vom 09. Mai 2019 –

VG Dresden, 1 K 2114/16 – Urteil vom 18. April 2018 –

Quelle: Bundesverwaltungsgericht

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Keine Anrechnung von Pflegeversicherungsgeld auf das Pflegegeld nach § 39 SGB VIII

Es gibt einen weiteren positiven Meilenstein der Rechtsprechung für Pflegeeltern. Bei wem Pflegeversicherungsgeld beim Mehrbedarf abgezogen wird durch sein Jugendamt, kann das Geld vom Jugendamt mit diesem begründeten Urteil zurückfordern. Einfach einen Überprüfungsantrag stellen.

Pflegeeltern aus dem Kreis Herzogtum-Lauenburg hatten gegen die Kürzung des Pflegegeldes für ihr schwerbehindertes Pflegekind geklagt. Der Kreis hat das zusätzliche Pflegeversicherungsgeld beim Mehrbedarf angerechnet und deshalb gekürzt.

Das BVerwG hat im November 2017 nun letztinstantlich dem Widerspruch und der Klage der Pflegeeltern zugestimmt.

Urteil des 5. Senats vom 24. November 2017 BVerwG 5 C 15.16 Jugendhilfe- und Jugendschutzrecht

Keine Anrechnung von Pflegeversicherungsgeld auf das Pflegegeld nach § 39 SGB VIII

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Beschwerde eines Jugendamtes gegen die Erteilung des Sorgerechtes nach §1630 BGB vom OLG-Schleswig abgewiesen

Fallbeschreibung:

Die Kindsmutter und die Pflegeeltern hatten sich geeignigt, dass das Sorgerecht freiwillig von der Kindsmutter an die Pflegeeltern für das Pflegekind übergeben wird. (§1630 BGB.) (2014)Der Antrag wurde gestellt und das Amtsgericht Meldorf hat diesem Antrag zugestimmt und die freiwillige Sorgerechtsübergabe verhandelt und beschlossen.

Das Jugendamt-Dithmarschen als Verfahrensbeteiligte haben dann 2016 den Antrag auf Abänderung des Beschlusses gestellt und  gleichzeitig die Übertragung des Sorgerrechts auf einen Amtsvormund beantragt.

Das Amtsgericht Meldorf hat diesen Antrag des Jugendamtes mit Beschluss vom 13.2.2017 mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Voraussetzungen einer Abänderung der Entscheidung des AG vom 14.5.2014 (Az: 13 F 215/13) gemäß §1696 nicht vorlägen.

Gegen diese Entscheidung hat das Jugendamt Dithmarschen am 21.3.2017 Beschwerde beim OLG-Schleswig eingereicht. Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 ff.FamFG zulässig.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg und die Beschwerde des Jugendamtes Dithmarschen wird abgewiesen.

Das Sorgerecht verbleibt bei den Pflegeeltern.

Erschienen im Paten 2/2017

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VG Hamburg untersagt die Pauschalfinanzierung von rechtsanspruchsgebundenen Einzelfallhilfen in der Kinder- und Jugendhilfe.

Das Verwaltungsgericht Hamburg hat in seinem Urteil vom 10.12.2015, Az. 13 K 1532/12 das von der Stadt Hamburg seit mehreren Jahren praktizierte Zuwendungsfinanzierungsmodell einer sozialraumorientierten Steuerung von ambulanten Hilfen in der Jugendhilfe untersagt.

Das Urteil hat erhebliche praktische Konsequenzen für die Zulässigkeit der sozialraumorientierten Steuerung in Hamburg aber auch überregional. Das Verwaltungsgericht Hamburg hat bekräftigt, dass es rechtswidrig ist, Hilfen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, über Zuwendungen direkt pauschal zu finanzieren, weil Jugendhilfeleistungen auf die ein Rechtsanspruch besteht, nach der gesetzlichen Konstruktion des SGB VIII zwingend über das sogenannte rechtliche Dreiecksverhältnis zu finanzieren seien. Hier gelte das System der Entgeltfinanzierung.

Das Urteil folgt damit der ständigen Rechtsprechung zur sozialraumorientierten Steuerung in der Jugendhilfe.Das Urteil enthält aber auch bedeutsame neue Aspekte. Hierzu gehört vor allem, dass klar formuliert wird, dass das von der Stadt Hamburg verfolgte sozialraumorientierte Steuerungsmodell dazu führe, dass Rechtsansprüche von Hilfesuchenden verkürzt würden. Hervorzuheben ist auch, dass das Urteil sehr akribisch die rechtsanspruchsgebundenen Leistungen von denjenigen der allgemeinen Förderung, also von präventiven Angeboten abgrenzt.

Urteil VG-Hamburg: vom 10.12.2015, Az. 13 K 1532/12

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Bundesverfassungsgericht hebt Beschluss zur Rückführung eines Pflegekindes auf

Das Bundesverfassungsgericht hob mit Beschluss vom 03.02.2017 (1 BvR 2569/16) auf Antrag der Verfahrenspflegerin eines Pflegekindes einen Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 13.10.2016 (21 UF 56/16) auf, wonach ein Pflegekind innerhalb von sechs Wochen zu seinen Eltern zurückzuführen sei.

Begründung sei eine Verletzung der Grundrechte des Kindes aus Artikel 2 Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes. Die Sache wurde an das Oberlandesgericht Köln zurückverwiesen.

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VG Arnsberg: Keine pauschale Kürzung des Pflegegeldes bei Verwandtenpflege

In einem Urteil vom 30.01.2007 (Aktenzeichen: 11 K 2207/06) hat das Verwaltungsgericht Arnsberg festgestellt, dass die pauschale Kürzung des Pflegegeldes um 20 % bei mit dem Pflegekind verwandten Personen – in diesem Fall Großeltern –rechtswidrig ist. Das Verwaltungsgericht führt in den Entscheidungsgründen aus:

(…) Der Beklagte (ist) bei der mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.02.2006 vorgenommenen Ausübung des Widerrufs zu Unrecht davon ausgegangen, dass er die damit der Sache nach verfügte Pflegegeldkürzung auf der Grundlage einer pauschalen Regelung vornehmen durfte. Dies ist indessen nicht der Fall. Nach dem Sinn und Zweck der in § 39 Abs. 4 Satz 4 SGB VIII getroffenen Kürzungsregelung hätte in die vom Beklagten insoweit getroffene Ermessensentscheidung das Ergebnis einer – auch – an der finanziellen Situation der Pflegeeltern orientierten Einzelfallprüfung einfließen müssen.

Der zitierten Norm zufolge kann das Jugendamt das Pflegegeld, das gem. § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII als monatlicher Pauschalbetrag gewährt wird und sich aus dem notwendigen Unterhalt des Kindes in der Pflegefamilie („materielle Aufwendung“) einerseits und den Kosten der Erziehung andererseits zusammensetzt, angemessen kürzen, wenn die Pflegeperson gegenüber dem Pflegekind unterhaltsverpflichtet ist. (…) Dementsprechend ist eine Pflegegeldkürzung grundsätzlich bereits dann möglich, wenn – wie im vorliegenden Fall – eine abstrakte Unterhaltsverpflichtung der Pflegeperson gegenüber dem Pflegekind besteht.

Indessen hat das Jugendamt die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Pflegeperson im Rahmen des dann eröffneten Ermessens zu berücksichtigen. (…) Eine einzelfallbezogene Klärung der Leistungsfähigkeit der Großeltern wäre aber auch dann zwingend notwendig, wenn man – mit dem Beklagten – ausschließlich auf eine Kürzung des in dem Pflegegeld enthaltenen Erziehungskostenanteil abzielte. Die mit der Regelung in § 39 Abs. 4 Satz 4 SGB VIII eröffnete Kürzungsmöglichkeit erfährt nämlich ihre innere Rechtfertigung daraus, dass – wie es in der Gesetzesbegründung hierzu wörtlich heißt – „Großeltern aufgrund ihrer engen verwandtschaftlichen Beziehung zu dem Kind oder Jugendlichen und der daraus resultierenden Unterhaltspflicht auch eine von der Rechtsordnung anerkannte Pflichtenposition haben und deshalb von der staatlichen Gemeinschaft nicht ohne weiteres dieselbe finanzielle Honorierung für ihre Betreungs- und Erziehungsleistung innerhalb der Verwandtschaft erwarten dürfen wie Pflegepersonen, die dem Kind oder Jugendlichen nicht so eng verbunden sind“ (…). Die insoweit allein verbleibende Barunterhaltspflicht besteht angesichts der Regelung in § 1603 Abs. 1 BGB jedoch von vornherein unter dem Vorbehalt einer – von den jeweils konkreten Umständen abhängigen – wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Großeltern. Hieraus ergibt sich, dass sich Pflegegeldkürzungen auf der Grundlage von § 39 Abs. 4 Satz 4 SGB VIII einer pauschalierenden Betrachtung – wie sie der Beklagte im vorliegenden Fall vorgenommen hat – entziehen. Vielmehr kann über die Frage, ob eine Pflegegeldkürzung angemessen im Sinne der genannten Norm ist, nur unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls entschieden werden (so ausdrücklich auch die Gesetzesbegründung in BTD rs. 15/3676 vom 06.09.2004 aaO). Bei dieser Einzelfallentscheidung ist die – aktuelle – Leistungsfähigkeit der Großeltern ebenso von Bedeutung wie die Frage, ob das Pflegekind aufgrund bestimmter Umstände einen erhöhten Erziehungs- und Betreuungsaufwand verursacht“.

Quelle: RA Steffen Siefert

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